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Pressebericht
„Zweiklassenmedizin - trotz steigender Lohn(zusatz)kosten?“
Donnerstag, 28. Oktober 2010, 20:00 Uhr Moderation: Dr. Robert Pfeffer, Director Finance cerboMed GmbH, Erlangen Zu diesem Thema luden der Kreisverband Erlangen und der Bezirksverband Mittelfranken der Mittelstands-Union am 28. Oktober zu einer Podiums- und Publikumsdiskussion in den kleinen Saal der Heinrich-Lades-Halle ein.In seiner Begrüßung hob Christian Nowak, Kreisvorsitzender der Erlanger Mittestands-Union,die Bedeutung des Mittelstands in Deutschland und vor allem auch in Erlangen als „Rückgrat der Wirtschaft“ hervor. „Gäbe es den Mittelstand in Erlangen nicht, würden z.B. rund 90% der Betriebe mit 1 bis 100 Mitarbeitern fehlen. Die Mittelstands-Union fordert deshalb die politischen Entscheidungsträger aller Ebenen auf, die Belange des Mittelstands bei der Gestaltung von wirtschaftlichen Rahmenbedingungen stärker zu berücksichtigen“. Er begrüßte insbesondere die anwesenden Ärzte als Vertreter des unternehmerischen Mittelstands „Wenn man vom Mittelstand spricht, gehören selbstverständlich auch die freiberuflich tätigen Gesundheitsberufe dazu, d.h. die Ärzte, die Apotheker, die Kliniken, die Therapiepraxen bis hin zu den Altenpflegern. Sie vertreten eine Branche, die wegen der demographischen Entwicklung in der Zukunft absehbar hohe Zuwachsraten haben wird“. Er betonte, dass sich die Mittelstands-Union bei dem Thema „Gesundheitsreform“ besonders gefordert sieht. Einerseits sind ihre Mitglieder aus der gewerblichen Wirtschaft durch höhere Krankenkassenbeiträge bei den Arbeitskosten direkt betroffen. Auf der anderen Seite sind ihre Mitglieder aus dem Gesundheitssektor durch teilweise zu wenig Geld im System in ihrer Umsatz- und Einnahmesituation tangiert. Moderator Dr. Robert Pfeffer (Finanzdirektor cerbomed GmbH Erlangen) und MU-Kreisvorstands-mitglied konnte als kompetente Podiumsgäste Staatsminister Dr. Markus Söder, Frau Dr. med. Astrid Schirner (Dermatologin Erlangen), Robert Müller (Direktor AOK Mittelfranken) und Jan Helmer aus Windsbach (Geschäftsführer Ernst Müller GmbH) begrüßen. In der Diskussion bestand trotz aller Kritik Einvernehmen darüber, dass das deutsche Gesundheitssystem einen hohen Standard besitzt. Es sei „das Beste weltweit“, so Robert Müller von der AOK. Einigkeit bestand aus unterschiedlichen Gründen auch darüber, dass auch diese noch nicht gesetzlich fixierte Reform ein Zwischenschritt sei. Deutlich wurde vor allem, dass die Arztpraxis auch ein mittelständisches Unternehmen ist, das betriebswirtschaftlich geführt werden muss. Auf der anderen Seite wird der Arzt oder die Ärztin in ihrer Unternehmerfunktion durch die Politik und die Kassenärztliche Vereinigung (KV) „bis ins kleinste Detail fremdbestimmt“, so Frau Dr. Schirner. Hinzu kommt die „ethische Verantwortung gegenüber dem Patienten“, wie sie von Markus Söder immer wieder eingefordert wird und diese Verantwortung nicht nur mit ökonomischen Maßstäben bewertet werden kann. Deutlich wurde aber auch, wie reglementiert, komplex und verworren die Beziehungen zwischen der KV und der Ärzteschaft auf der einen Seite und den Krankenkassen und der KV auf der anderen Seite durch die ständigen Reformen geworden sind. Markus Söder`s Einsatz für Nachbesserungen der aktuellen Gesundheitsreform zugunsten der bayrischen Ärzteschaft wurde geschätzt, ebenso sein Dialog in sehr spezifischen Detailfragen mit Kardiologen, Rheumatologen und Hausärzten. Kontrovers diskutiert wurde, ob das System der Kostenübernahme in der gesetzlichen Krankenversicherung durch Elemente der Kostenerstattung in der Privaten Krankenversicherung, wie z.B. Patientenquittung oder -rechnung, transparenter gestaltet werden kann. Der Patient sollte wissen, was die für ihn erbrachten Leistungen kosten. Die Selbstbeteiligung sah Frau Dr. Schirner als Regulativ zugunsten der „wirklich Kranken“ und als Abwehr von „Bagatellfällen“. Markus Söder warnte vor solchen Abwehrstrategien und verwies auf die hohen Beiträge, die von den Versicherten aufgebracht werden, ist aber überzeugt: „ Wenn ich krank wäre, würde ich auch dafür zahlen, um wieder gesund zu werden!“ Markus Söder sah die Solidarität im Gesundheitssystem auch in Zukunft als wichtigen und notwendigen Grundsatz an, ebenso wie mehr Wettbewerb durch Beitragsautonomie, aber vor allem auch sinnvolle Prävention. Um das hohe Niveau der Gesundheitsversorgung zu erhalten, werden ständige Anpassungen auf der Einnahme- und Ausgabeseite erforderlich sein. Ob damit eine Zweiklassenmedizin vermieden werden kann? Nicht nur der Kardiologe aus dem Publikum sah sie als Realität. Mit großer Leidenschaft und voller Überzeugung widersprach am Schluss der Veranstaltung Markus Söder einem Zuhörer, der das Vergütungssystem der Ärzte ausschließlich am Gesundungserfolg orientieren wollte. Insgesamt war es eine lebendige Diskussion, die für manche Teilnehmer den Blick auf die Ärzte auch in der Rolle als Mittelständler mit besonderer ethischer Verantwortung öffnete. Dieter Wohlfahrt
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